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[Horaci: Quintus Horatius Flaccus]


Ars poetica (Epistula ad Pisonen)
[Die Dichtkunst (Brief an die Pisonen)]

Altera iam teritur (Epodos XVI)
[Ya edad de hombres (Epodos XVI)]

Iustum et tenacem propositi uirum
[La fermesa de l'home just]
[
The man of firm]

 

Vitas hinnuleo me similis, Chloe

[Fuges de mi, Cloe, semblant al cervatell]

 

Die Dichtkunst (Brief an die Pisonen)

Wofern ein Maler einen Venuskopf
auf einen Pferdehals setzte, schmückte drauf
den Leib mit Gliedern von verschiednen Tieren
und bunten Federn aus, und ließe (um
aus allen Elementen etwas anzubringen)
das schöne Weib von oben - sich zuletzt
in einen grausenhaften Fisch verlieren,
sich schmeichelnd, nun ein wundervolles Werk
euch aufgestellt zu haben: Freunde, würdet ihr
bei diesem Anblick wohl das Lachen halten?
Und gleichwohl werden Werke dieser Art
in einem andern Fach uns oft genug
zur Schau gebracht. Denn, glaubet mir, Pisonen,
ein Dichterwerk, von schlechtverbundenen
Ideen, die, wie Fieberträume, durch-
einander schwärmen, so daß weder Kopf noch Fuß
zusammenpaßt - und eine Malerei
von jenem Schlag, sind trefflich einerlei.

„Wie? Ist den Malern und Poeten nicht
von jeher freigestanden, alles was sie wollen
zu wagen?“ - Freilich! auch Wir machen Anspruch
an diese Freiheit, und verlangen Keinem
sie abzustreiten - Nur nicht, daß man paare,
was unverträglich ist, nicht Schlang' und Vogel,
nicht Lamm und Tiger in einander menge!

Wie häufig sehn wir einem ernsten, viel-
versprechenden Gedichte hier und da
wie einen Purpurlappen angeflickt,
der weithin glänzen soll? Da wird ein Hain
Dianens, nebst Altar, ein Silberbach,
der schlängelnd seine Flut durch anmutsvolle
Gefilde wälzt, ein schöner Regenbogen,
und Vater Rhein auf seiner Urne liegend,
gar prächtig hingepinselt - nur daß hier
der Ort dazu nicht war! - Der Maler ist
vielleicht im Baumschlag stark, kann eine hübsche
Cypresse malen - aber auf dem Täfelchen,
worauf ein armer Mann der Schiffbruch litt,
halbtot ans Ufer treibend, für sein Geld
sich malen läßt, was hilft dein schöner Baum?
Du fingest eine prächtige Vase an
zu drehn, und da die Scheibe abläuft, kömmt
ein halber Topf heraus! - Kurz, mache was du willst,
nur, was du machst, sei mindestens Eins und Ganz!
 

Wir andern Dichter, meine edeln Freunde,
wir fehlen meistens nur vom Schein des Guten
getäuscht, und oft wenn wirs am besten meinen.
Man gibt sich Mühe kurz zu sein, und wird
darüber dunkel, oder nervenlos
indem man leichte Dinge leicht behandeln will.
Ein andrer strebt nach Größe auf, und schwillt;
dafür kriecht jener dort, aus Furcht des Sturms,
der in der Höhe weht, am Boden hin:
und dieser, um recht unerhört zu sagen,
was nur auf Eine Art sich sagen läßt,
malt euch Delphinen in den Busch, und läßt
die Nereid' auf einem Eber schwimmen.

Die Furcht zu fehlen wird die reichste Quelle
von Fehlern, wenn sie nicht vom Kunstgefühl
geleitet wird. Der letzte unter allen
den Meistern, die wir am Aemilschen Fechtplatz
arbeiten sehen, drückt an seinem Bilde
aufs fleißigste sogar die Nägel aus,
ahmt weicher Locken sanftes Wallen bis
zum Wunder nach, und ist und bleibt doch stets
der Letzte, weil er Alles - nur, zum Unglück,
nichts Ganzes machen kann. Für meinen Teil,
ich wollte gleich so lieb, bei schwarzem Haar
und schönen schwarzen Augen, mich der Welt
mit einer krummen Nase zeigen, als
der Dichter sein, der diesem Künstler gliche.

Ihr, die ihr schreiben wollt, vor allen Dingen
wählt einen Stoff, dem ihr gewachsen seid,
und wäget wohl vorher, was eure Schultern
vermögen oder nicht, eh ihr die Last
zu tragen übernehmt. Wer seinen Stoff
so wählte, dem wirds an Gedanken
und Klarheit nie, auch nie an Ordnung fehlen:
und unter manchem Vorteil, der durch Ordnung
gewonnen wird, ist sicher keiner von
den kleinsten: daß man immer wisse was
zu sagen ist, doch vieles, was sich auch
noch sagen ließe, jetzt zurückbehalte,
und für den Platz, wo mans bedarf, verspare.

Auch Sprach' und Versebau und Rhythmus sei
Dem wohl empfohlen, der ein echtes Werk
zu schaffen wünscht. Er kann nicht leicht zuviel
Bescheidenheit und Vorsicht in der Wahl
der Wörter zeigen. Öfters wird ein Vers
vortrefflich, bloß wenn ein alltäglich Wort
durch eine schlaue Stellung unverhofft
zum Neuen wird. Wo neuentdeckte Dinge
zu sagen sind, da ists mit Recht erlaubt
auch unerhörte Wörter zu erfinden,
wenn diese Freiheit mit Bescheidenheit
genommen wird. Auch können neue Wörter
und Redensarten, die vor kurzem erst
aus griechschem Quell auf unsern Grund und Boden
geleitet worden sind, mit Sparsamkeit
gebraucht, ein Recht an gute Aufnahm fordern.
Was kann der Römer einem Plautus und
Cäcil gestatten, das Virgil und Varius
nicht wagen dürften? Oder soll mir übel
genommen werden, wenn ich etwas Weniges
erwerben kann, da Ennius und Cato
die Sprache mit so vielen neuen Wörtern
bereichern durften? Immer wars und bleibts
erlaubt, ein neugestempelt Wort
von gutem Korn und Schrot in Gang zu bringen.
So wie von Jahr zu Jahr mit neuem Laube
der Wald sich schmückt, das alte fallen läßt:
so lässet auch die Sprache unvermerkt
die alten Wörter fallen, und es sprossen neue
ins Leben auf, und füllen ihren Platz.
Wir sind uns selbst und alles Unsrige
dem Tode schuldig. Laß dort einen mit dem Meer
verbundnen Landsee seinen weiten Busen öffnen,
um ganze Flotten vor den Aquilonen
zu schirmen, traun! ein königliches Werk!
Laß jenen schon so lang' unfruchtbarn und des Ruders
gewohnten Sumpf den Pflug erdulden lernen,
und nachbarliche Städte rings umher
mit reichen Ernten nähren - jenen Strom
den Lauf, der unsern Feldern schädlich war,
mit einem neuen bessern Weg vertauschen:
Das Alles, Freunde, wird, als Menschenwerk,
die Zeit zerstören! - Und die Sprache sollte
allein in ewgem Jugendglanze blühen?
Viel abgestorbne Wörter werden wieder
ins Leben kehren, viele andre fallen,
die jetzt in Ehren sind, so wie der Brauch
es fügen wird, bei welchem doch allein
die Macht, hierin Gesetz zu geben, steht.

In welcher Versart Taten edler Helden
und Könige zu singen sich gezieme,
hat uns Homer gezeigt. - In jener, die
den Vers Homers mit einem kürzern wechselt,
verseufzte anfangs nur die Traurigkeit
den sanften Schmerz; allein man fand, daß auch
die Freude, und die ihres süßen Wunsches
gewährte Liebe dieses leichten Ganges
gar schicklich sich bediene: aber wer
Erfinder dessen sei, darüber streiten
die Sprachgelehrten, und der Handel ist
noch unentschieden. Mit dem raschen Jambus
bewaffnete die Wut den zürnenden
Archilochus: doch später wurde dieser Fuß
sowohl der niedern Socke, als dem hohen
Kothurn der Schauspiel-Musen angepaßt.
Man fand, er schicke sich zum Dialog
am besten, sei zur Handlung wie gemacht,
und übertöne leichter als ein andrer
das Volksgetös' im hallenden Theater.

Zur saitenreichen Leier hieß die Muse
die Götter und der Göttersöhne Taten,
die Sieger in den Kämpfen, und das Roß
im Wettlauf siegend, und die Schwärmereien
der feurigen Jugend, Wein und Liebe, singen.

Ein jedes Werk in jedem Dichterfach
hat seinen eignen Farbenton und Stil.
Versteh ich nichts von dieser Farbengebung,
mit welcher Stirne kann ich einen Dichter
mich schelten hören? Oder, warum lieber
aus falscher Scham unwissend sein, als lernen?
Was komisch ist, will nicht im Schwung und Pomp
des Trauerspieles vorgetragen sein;
hingegen ists was unausstehliches,
Thyestens Gastmahl im Gesellschaftston
und Versen, die beinah zur Socke passen,
erzählen hören. Jedes schicke sich
für Ort und Zeit! - Indessen mag zuweilen
auch die Komödie ihre Stimm' erheben,
und einen alten Chremes, dems der Sohn
zu toll gemacht, den Sturm des ersten Zorns
mit Blitz und Donnerschlag vertoben lassen:
so wie Melpomene, sobald sie klagt,
den Ton herabstimmt, und zum simplen Ausdruck
des Volkes sinkt. Wenn Telephus und Peleus
im tiefsten Elend, dürftig und verbannt
aus ihrem Vaterland, des Hörers Herz
mit ihren Klagen rühren wollen, lehrt
sie die Natur ganz einen andern Ton!
Da werfen sie die hohen Stelzen und
die ellenlangen Wörter gerne weg!

Ein Dichterwerk sei schön, sei fehlerfrei,
dies ist sehr viel, allein noch nicht genug;
um zu gefallen, sei es lieblich auch,
und stehle sich ins Herz des Hörers ein,
um, was der Dichter will, aus ihm zu machen.

Ein lachend oder weinend Angesicht
bringt, wie wirs ansehn, augenblicklich auch
ein Lächeln oder einen traurigen Zug
in unsers. Willst du daß dein Unglück mich
zu Tränen rühren soll, mein guter Peleus
und Telephus, so mußt du selber weinen!
Sind deine Reden deiner Lage nicht
gemäß, so werd ich - gähnen oder lachen.
Zu einem trauernden Gesichte ziemen sich
auch traurige Worte. Ruhig, oder zürnend,
mutwillig oder ernsthaft, immer sei die Sprache
der Leidenschaft, der Stimmung angemessen,
die erst aus Miene und Gebärde spricht.
Denn jeder Wechsel unsers Glücks erregt
zuerst im Innern eine Leidenschaft;
Zorn, der zum Widerstand das Blut erhitzt,
die Arme ausstreckt - oder Traurigkeit,
die hoffnungslos zur Erde, wie zum Grabe,
uns niederzieht: und dies, bevor die Zunge
der Seele Dolmetsch wird, und ihre Regung
in Worte ausbricht. Dies ist allezeit
Gang der Natur. Verfehlt der Dichter ihn,
legt seinem Helden in den Mund, was nicht
zu seiner Lage paßt: so darfs ihn nicht befremden,
wenn Ritterschaft und Fußvolk überlaut
ihm, statt zu weinen, an die Nase lachen.

Nicht minder kommt sehr vieles darauf an,
ob die Person, die spricht, der Diener oder
der Herr im Haus, ein reifer Alter, oder
ein junger schwärmerischer Tollkopf ist;
ob eine Fürstin, oder ihre treuergebne
Hofmeisterin; ein Kaufmann, allenthalben
zu Haus und nirgends, oder ob ein Landwirt
der sich von seinem Gütchen nährt; ob er
Assyrer oder Kolcher, ob zu Theben oder
zu Argis auferzogen. Übrigens
soll der Poet entweder an die Sage
sich halten, oder, wenn er dichten will,
das Wahre der Natur zum Muster nehmen.
Führst du Achillen auf, den jeder kennt,
so sei er hitzig, tätig, schnell zum Zorn
und unerbittlich, wolle nichts von Pflichten hören,
und mache alles mit dem Degen aus!
Medea sei trotzig und durch nichts zu schrecken,
die sanfte Ino weich und tränenreich,
Ixion treulos, schwermutsvoll Orest.

Bringst du hingegen etwas auf die Bühne
das nie versucht ward, wagest eine neue
Person zu schaffen - gut! so gib ihr Selbstbestand,
und wie sie sich im ersten Auftritt zeigt,
so führe sie, sich selber ähnlich, bis
zum letzten fort! - Es ist vielleicht nichts schwerers,
als aus der Luft gegriffnen Menschenbildern
das eigne Individuelle geben
was jeden täuscht, und den Erdichteten
uns anverwandt und unsersgleichen macht:
Du wirst daher mit minderer Gefahr
ein Schauspiel aus der Iliade ziehen,
als dich an was ganz neuerfundnes wagen.

Ein Sujet, das der ganzen Welt gehört,
wird wieder Eigentum, wenn du dich weder
auf einem Plan, der zum Gemeinplatz schon
geworden, tummelst, noch, als ein getreuer
demütiger Übersetzer, Wort für Wort
dem Griechen nachtrittst; noch, als bloßer
Nachahmer, dich so sehr zusammendrückest,
daß, etwas wegzulassen, dir die Scham,
hinzuzutun, die Regel dir verbietet.
Auch fange dein Gedicht so laut nicht an,
wie jener alte Cyklische Poet:
„Von Priams Schicksal und dem weitberühmten Krieg
begeb ich mich zu singen“ - Großgesprochen!
Was kann der Mann uns sagen, das, den Mund
dazu so weit zu öffnen, würdig wäre?
Es kreißte, wie die Fabel sagt, ein Berg,
und er gebar, zu großer Lustbarkeit
der Nachbarschaft, ein kleines kleines Mäuschen.
Um wieviel besser Er, der niemals was
unschicklichs vorgebracht: Erzähle mir,
o Muse, von dem Mann, der nach Eroberung
von Troja vieler Menschen Städt' und Sitten sah -
Er gibt kein Feuerwerk das in Rauch sich endet,
erst macht er Rauch, dann folgt ein rein und gleich
fortbrennend Feuer, um die schönen Wunder,
den Lästrigonen-König, und mit Scylla
den Polyphem und die Charybdis uns
darin zu zeigen. Er beginnt die Wiederkehr
des Diomedes nicht von Meleagers Tod,
noch den Trojanischen Krieg von Ledas Eiern.
Stets eilt er, ohne Hast, zum Ende fort,
stürzt seinen Hörer mitten in die Sachen,
als wären sie ihm sein bekannt, hinein,
läßt liegen, was nicht glänzend sich behandeln läßt,
und lügt, mit Einem Wort, so schön, mengt wahr und falsch
so künstlich in einander, daß das Ganze
aus Einem Stücke scheint, und, bis zum Schlusse
sich selber ähnlich, täuscht, gefällt, entzückt.

Nun hör auch du, der auf dem Schauplatz uns
zu unterhalten wünscht, was ich und was
das Publikum mit mir von dir verlangt.
Woferns um Hörer dir zu tun ist, die
des Vorhangs Fall erwarten, und so lange bleiben,
bis uns der Sänger zuruft Klatscht Beifall!
so mußt du jedes Alter richtig zeichnen,
und jedem den Charakter und die Farbe,
die ihm gebührt, genau zu geben wissen.

Kaum kann der Knabe reden, kaum bezeichnet
sein kleiner Fuß mit sicherem Tritt den Boden,
so spielt er gern mit Kindern seines Alters!
erbost sich leicht um nichts, läßt durch ein Nichts
sich wieder auch besänftigen, und verändert,
wie ein Apriltag, sich von Stund zu Stunde.

Der Jüngling ohne Bart, von seinem Hüter endlich
befreit, hat Lust zu Pferden und zu Hunden,
er liebt im sonnenreichen Campus sich herum-
zutummeln, nimmt wie Wachs des Bösen Eindruck an,
weist guten Rat und Warnung trotzig ab;
denkt immer an das Nützliche zuletzt;
verstreut sein Geld wie Sand, ist stolz und rasch
in seinen Leidenschaften, aber läßt,
was er mit Hitze kaum geliebt, gleich schnell
für etwas Neues, das ihn anlockt, fahren.

Bald ändert sich das alles, und an Jahren
und Denkart nun ein Mann, bewirbt er sich
um Freunde, Rang, Vermögen, Ehrenstellen,
er lebt nach einem Plan, und hütet sich
nichts zu beginnen, das ihn reuen müßte.

Dem Alten kommt viel Not und Ungemachs
unmerklich übern Hals, entweder, weil er immer
zusammenscharrt, und doch, aus Furcht zu darben,
sich den Gebrauch verweigert - oder, weil
er alles kalt und furchtsam treibt, und überall
Bedenklichkeiten sieht. Er zaudert immer,
setzt immer weiter sich sein Ziel hinaus,
verliert den gegenwärtigen Augenblick
und lebt im künftigen; voller Schwierigkeiten,
verdrießlich, übeltrauend, hat er immer was
zu klagen, ist der ewige Leichenredner
der weiland guten Zeiten, da er noch
ein Knabe war, der ewige Censor und
Zuchtmeister aller jüngern, die jetzt sind
was er, zu seiner Zeit, gewesen war.

Viel Gutes bringen uns die Jahre, wenn
sie kommen, mit, viel nehmen sie uns wieder
so wie sie allgemach zurückgehen.
Der Dichter nehme also wohl in acht,
was jedem Alter zukömmt, daß er nicht
dem Alten eine Jünglings-Rolle, noch
dem Knaben gebe was des Mannes ist!

Die Handlung wird entweder vor den Augen
der Gegenwärtigen abgehandelt, oder bloß
erzählt. Hier sehe sich der Dichter vor!
Was durch die Ohren in die Seele geht
rührt immer schwächer, langsamer, als was
die Augen sehen, deren Zeugnis uns
ganz anders überzeugt, als fremder Mund.
 

Doch darf darum nicht alles auf die Szene
gebracht sein, sondern manches muß den Augen
entzogen werden, was viel schicklicher,
von einem andern, der als Augenzeuge spricht,
mit Feuer und Begeisterung des Moments
erzählt, auch uns vergegenwärtigt wird.
Medea soll nicht vor dem Chor und Uns
die Kinder würgen, noch der Unmensch Atreus
der Neffen Fleisch vor unsern Augen kochen;
noch wandle Prokne auf der Bühne sich
in eine Schwalb' und Kadmos in den Drachen.

Ein Stück, das oft begehrt zu werden und
zu bleiben wünscht, soll weder weiter als
zum fünften Akt gedehnt, noch kürzer sein.
Auch soll kein Gott sich in die Handlung mischen,
wofern der Knoten seine Zwischenkunft
nicht unvermeidlich macht und - ihrer würdig ist:
noch soll der Dichter seine Szene (gegen
der großen Meister Beispiel) mit der vierten
Person beladen. Ihre Stelle mag
der Chor vertreten, der von Anfang bis
zu Ende seinen Anteil an der Handlung
behaupten muß: so, daß er niemals zwischen
den Akten etwas singe, das zum Zwecke
nichts taugt und sich auf das, was vorgeht, nicht
genau beziehet. Seine Rolle ist,
den Guten hold zu sein, sie zu beraten,
im Zorne sie zurückzuhalten, und
im Kampf der Leidenschaft und Pflicht zu unterstützen.
Er preise uns die leicht besetzte Tafel
der Mäßigkeit, die heilsame Justiz,
das Glück des Ruhestands bei offnen Toren.
Was ihm vertraut wird, wiss' er zu verschweigen;
auch wend er öfters an die Götter sich
mit feierlichem Gebet, und fleh um Rettung
der unterdrückten Unschuld, und des Stolzen Fall!

Die Flöte, die den Chorgesang begleitet,
war anfangs nicht, wie jetzt, mit Erz verbunden;
sie war noch dünn, und hatte wenig Löcher,
und einen schwachen Ton, der damals doch
den Chorgesang hinlänglich unterstützte,
weils überflüssig war, mit stärkerem Laut
die noch nicht dichten Sitze anzufüllen,
worin ein leicht zu zählend Volk, das noch
bescheiden war und fromm, in großer Zucht
beisammen saß. Allein, nachdem durch Siege
der Staat erweitert, und die alten Mauern
zu enge worden, und nun auch an Festtagen
den ganzen langen Tag der Genius
sich mit Wein zu laben, Sitte ward:
da mußte wohl auch der Musik, wie allem,
mehr Luft und Spielraum zugestanden werden.
Ein Volk von ungebildetem Geschmack,
das seiner Sorgen sich entladen hatte,
und nun, nach seiner Weise, sich was Rechtes
zugut tun wollte, Bauer, Städter, Pöbel
und Adel, alles durcheinander
gemengt, - war, wenn es nur belustigt wurde,
gleichgültig wie? Und also nahm sich auch
der Flötenspieler mehr heraus, und füllte
im schleppenden Talar, mit seinem üppigern
Getöne und freiern Tanz, die ganze Szene.
Gleichmäßig ließ, des alten Ernsts entbunden,
die Leier sich mit neuen Saiten hören.
Natürlich wollte dann der Dichter, der den Chor
regierte, nicht allein zurückbleiben.
Sein Chorgesang nahm einen höhern Schwung,
in einer unerhörten Art von Sprache stürzte
sich seine schwärmende Beredsamkeit
daher, und seine tiefer Weisheit vollen
und Zukunft ahnenden Sentenzen glichen oft
an Dunkelheit den Delphischen Orakeln.

Noch mehr. Der Sänger, der am Bacchusfeste,
um einen schlechten Bock, mit Heldenspielen
zu streiten pflegte, kam bald auf den Einfall,
das ernste Stück mit etwas abzuwechseln,
das, ohne völlig aus dem vorigen Ton
zu kommen, muntern Scherz mit Ernst vermählte;
und so entstand ein neues Spiel, worin
halb nackte Satyrn, vom Silen geführt,
den Chor vertraten. Denn es war dem Dichter bloß
darum zu tun, ein rohes trunknes Volk,
das, nach vollbrachtem Gottesdienst, den Rest
des Feiertages sich erlustigen wollte,
durch etwas Neues, seinen bäurischen
Geschmack piquierendes, zu seiner Bude
herbei zu locken. Doch, auch diese Art
von freier Dichterei hat ihre Regeln;
und, ob der Laune des geschwätzigen
und immer lachenden Silenen-Chors
schon viel erlaubt ist, soll der Übergang
vom Ernst zum Spaß sich doch mit Anstand machen;
und wenn ein Heros, oder Gott, der kaum
in königlichem Gold und Purpur sich
gezeigt, hernach im Satyrspiel von neuem
zum Vorschein kommt: soll seine Sprache weder
zum Staub und Schmutz der pöbelhaften Posse
heruntersinken, noch, aus Furcht am Boden
zu kriechen, steigen und in Wolken taumeln.
Kurz, nie vergesse die Tragödie, was für sie
sich schickt; und, wenn sie auch bei losen Satyrn
sich blicken läßt, so zeig uns ihr Erröten
die züchtige Verwirrung einer ehrbaren Frau,
die öffentlich am Festtag tanzen muß!

Ich, wenn ich Satyrn schreiben sollte, würde mich
nicht bloß an Wörter des gemeinen Lebens halten;
und, ohne drum dem Ton des Heldenspiels
zu nah zu kommen, würde ich Mittel-Tinten
zu finden wissen, daß der Unterschied
von einem Davus, einer frechen Pythias,
die ihren alten Herrn um tausend Taler schneuzt,
und von dem Pflegevater eines Gottes,
auch in der Art zu reden merklich würde.
Aus lauter jedermann bekannten Wörtern
wollt ich mir eine neue Sprache bilden, so,
daß jeder dächt er könnt es auch, und doch,
wenn ers versucht' und viel geschwitzt und lange
sich dran zermartert hätte, doch zuletzt
es bleiben lassen müßte! - Lieben Freunde,
so viel kommt auf die Kunst des Mischens an!
So viel kann dem Gemeinsten bloß die Stellung
und Nuancierung Glanz und Würde geben!

Auch dafür wollt ich, im Vorbeigehn, noch
die Faunen, die man uns aus ihren Wäldern
so häufig auf die Bühne bringt, wohlmeinend
gewarnt haben: weder in so niedlichen
und schmucken Versen ihre Artigkeit
zu zeigen, daß man junge, mitten
in Rom erzogne Herrn zu hören glaubt,
noch zu Vermeidung dieses Übelstandes
mit Schmutz und groben Zoten um sich her
zu werfen. Denn die Leute, die ein Pferd
und einen Vater und was Eignes haben,
erbauen sich an dieser Art von Witz
nicht sonderlich; und wenn den Käufern dürrer Erbsen
und Nüsse etwas wohlbehagt, so folgt
nicht, daß auch jene dran Belieben finden, und
den Kranz dem Dichter zuerkennen werden.

Ein Silbenfuß, wo eine lange Silbe
auf eine kurze folget, wird ein Jambus
genannt. Ein schneller Fuß! Daher vermutlich,
daß Verse von sechs Jamben Trimeter
zu heißen pflegen. Anfangs wurden sie
ganz rein gemacht, und einer wie der andre.
Allein schon lange nahm der Jamben-Vers,
um etwas langsamer und feierlicher
zu gehen, den ruhigern Spondeus
gefällig auf; doch, daß er aus der zweiten
und vierten Stelle nie verdrängt zu werden
sich vorbehielt. So findet man ihn auch,
doch selten, in den hochberühmten Trimetern
des alten Accius: allein die zentnerschweren Verse,
die Vater Ennius auf unsre Bühne schleudert,
beschuldigen ihn entweder, sichs zu leicht gemacht
und sehr geeilt zu haben, oder einer
nicht rühmlichen Unwissenheit der Kunst.

Zwar freilich hat nicht jeder Richter Ohren
für übel modulierte Verse, und man hat
den römischen Dichtern über diesen Punkt
mehr nachgesehen als uns Ehre macht.
Und soll ich nun, so milder Ohren wegen,
mich aller Regel quitt und ledig glauben?

Doch, wenn ich auch - als ob die ganze Welt,
sobald ich fehle, mich befreien würde -
vor Fehlern mich gehütet habe, - gut!
so hab ich immer nur gerechten Tadel
vermieden, lange noch kein Lob verdient.
Dies zu begreifen, Freunde, leset, leset
bei Tag und Nacht der Griechen Meisterstücke!

Indessen haben eure Ahnen doch
die schönen Verse und die feinen Scherze
des Plautus hoch erhoben; gar zu duldsam
in beidem, um nicht etwas härters noch
zu sagen! Wenn wir anders, Ihr und ich,
ein frostiges Bon-Mot von einem guten
zu unterscheiden, und, wie Verse klingen müssen,
durchs Ohr zu prüfen, oder wenigstens
doch an den Fingern abzuzählen wissen.

Für den Erfinder der Tragödie
wird Thespis angesehn, der seine Stücke
auf Karren durch die Dörfer führte,
und von Personen, die mit Hefen sich
geschminkt, absingen und agieren ließ.
Nach ihm war Aeschylus der zweite, oder
vielmehr der wahre Vater dessen, was
den edeln Namen eines Heldenspiels
mit Recht verdiente. Er erfand die Maske
und den Kothurn, erweiterte den Schauplatz,
veredelte die Kleidung, und (was mehr ist)
den wahren Ton der tragischen Camöne,
die Er zuerst erhaben sprechen lehrte.

Ein wenig später tat sich auch die Alte
Komödie hervor, nicht ohne vielen Beifall;
allein die Freiheit, die man zu Athen
ihr zugestanden, artete zuletzt
in eine Frechheit aus, die nicht zu dulden war,
so daß die Polizei ins Mittel treten mußte.
Des Lustspiels Chor, sobald der Stachel ihm
benommen war, verstummte - und verschwand.

Von diesem allen haben unsre Dichter
nichts unversucht gelassen; und gewiß
verdienten jene nicht das kleinste Lob,
die sich getrauten aus der Griechen Fußtritt
herauszutreten, vaterländ'sche Taten
zu singen, und im Lust- und Trauerspiel
uns römische Personen vorzuführen.
Auch würde Latium gewiß durch seine Sprache
nicht weniger, als durch die Kunst zu siegen
und zu regieren, über Griechenland
den Rang behaupten, wenn nicht unsre Dichter
der Feile Arbeit haßten, und die Zeit,
die drüber hingeht, für verloren hielten.

Ihr, aus Pompilius; Blut, lasset kein
Gedicht vor euern Augen Gnade finden,
das nicht durch viel Polieren zur Korrektheit
gebracht, und, bis das leiseste Gefühl
nichts mehr von Fugen spürt, geglättet worden.

Weil Demokrit dem glücklichen Genie
den Vorzug vor der armen Kunst gegeben,
und schlechterdings die Dichter, die nicht rasen,
vom Pindus ausgeschlossen haben will:
so treibts ein guter Teil der unsrigen
so weit, sich weder Bart noch Nägel stutzen
zu lassen, weder Kamm noch Schwamm
zu dulden, Bäder wie verdächtige Häuser
zu fliehen, und, Gespenstern gleich, in öden
von Menschen unbetretnen Gegenden
herumzuirren; fest beglaubt, ein Kopf,
der dem barbierenden Senator Licinius
sich nie vertraut, und mit drei Antikyras
nicht heilbar wäre, sei zum Dichterkopf
allein gemacht, und würdig von den Musen
bewohnt zu werden. Was ich für ein Tor bin,
an jedem Frühling mir die Galle auszufegen!
Kein andrer sollte beßre Verse machen!
Doch, sei es drum! Wofern ich selber auch
nichts schreibe, kann ich doch, dem Schleifstein gleich,
der selber zwar nicht schneidet, aber doch
das Eisen schneidend macht, die Andern lehren
was einen Dichter bilde, was ihn nähre,
was ihm gezieme oder nicht, und welche Wege
zum Nachruhms-Tempel führen, oder in die Sümpfe,
wo Aganippens Quelle sich verliert?

Um gut zu schreiben, muß ein Autor erst
Verstand und Sinn - um gut zu denken, haben.
An Stoff wirds die Sokrat'sche Schule euch
nicht fehlen lassen, und dem wohldurchdachten Stoffe
schmiegt sich von selbst der gute Ausdruck an.
Wer recht gelernt hat, was er seinen Freunden,
was seinem Vaterlande schuldig sei,
mit welcher Lieb ein Vater, Bruder, Gastfreund
zu lieben? was des Staatsmanns, Richters, was
des Feldherrn Amt und Pflicht erfordre? - Der
wird, was in jedem Falle jeder Rolle
geziemt, unfehlbar stets zu treffen wissen.
Doch nie vergesse der gelehrte Zögling
der dichterischen Bildnerkunst, auch auf
die Sittenschule und die lebenden
Modelle um ihn her die Augen stets
zu heften, und daraus die wahre Sprache
des Lebens und des Umgangs herzuholen.
Nicht selten sieht man daß ein wohlgezeichnetes
Charakterstück, wiewohl sonst ohne Reiz
und Stil und Kunst, beim Volke mehr gewinnt,
und besser unterhält, als schöne Verse,
an Schall und Wohlklang reich, an Sachen leer.

Den Griechen, Freunde! (immer komm ich wieder
auf dies zurück) den Griechen gab die Muse
zugleich Genie und feines Kunstgefühl,
die Gabe der Empfindung und des schönen
und runden Ausdrucks: aber ihre Seelen kannten
auch keinen andern Geiz als den nach Ruhm.
Der Römer lernt von Kindesbeinen an
das As in hundert Teile teilen. Ruft,
zur Probe, nur den kleinen Sohn des Wechslers
Albinus her, und fragt ihn aus. - „Die Hälfte
von einem halben Gulden abgezogen,
was bleibt?“ - „Ei“, spricht er lachend, „was wird bleiben?
Vier Groschen.“ - „Braver Junge! Der
wird sein Vermögen nicht vergeuden! - Und
zum halben Gulden noch die vier
hinzugetan, macht -?“ - „Einen halben Taler.“
Wie? Und von Seelen, die mit diesem Rost
von Habsucht einmal überzogen sind,
erwarten wir Gedichte, die vor Motten
verwahrt zu werden je verdienen könnten?

Des Dichters Zweck ist zu belustigen, oder
zu unterrichten, oder beides zu verbinden,
und unter einer angenehmen Hülle
uns Dinge, die im Leben brauchbar sind, zu sagen.
Lehrt er, so sei er kurz! Was schnell gesagt wird, faßt
der lehrbegierige Geist geschwinder auf
und hält es fester. Wie die Seele voll ist, läuft
das überflüssige ab.

Was bloß zur Lust erdichtet wird,
sei stets der Wahrheit ähnlich,
und um je weiter sich die Phantasie
von ihr entfernt, je stärker sei die Täuschung!
Ein Märchen soll nicht fordern, daß ihm Alles
geglaubet werd, und nicht den Knaben, den
die Lamia aufgegessen, wieder frisch
und ganz aus ihrem Leibe ziehen!

Der graue Teil des Publikums verdammt
was ohne Nutzen ist; hingegen steigt
die junge Mannschaft stolz bei einem ernsten
Gedicht vorbei. Der aber, der das Nützliche
so mit dem Angenehmen zu verbinden weiß,
daß er den Leser im Ergötzen bessert,
vereinigt alle Stimmen. Solch ein Werk
verdient den Sosii Geld, geht übers Meer,
macht seiner Meister Namen allen Zungen
geläufig und der späten Nachwelt wert!

Indessen sind auch Fehler, denen man
Verzeihung schuldig ist: denn immer gibt die Saite
den Ton nicht an, den Seel und Hand verlangte,
und auch der beste Bogen trifft nicht immer.
Doch, glänzt das Meiste nur in einem Werke,
so sollen wenig Flecken mich nicht ärgern, die
des Dichters Fleiß entwischt sind, oder, weil er doch
nur Mensch ist, nicht von ihm verhütet werden konnten.

Nur, daß die Herren diese Klausel sich
nicht gleich zunutze machen! Denn, wie ein Kopist,
der, aller Warnung ungeachtet, immer
am gleichen Worte sich verschriebe, keine
Entschuldigung verdiente; wie ein Geiger
verspottet würde, der die gleiche Note,
so oft sie käme, falsch gegriffen hätte:
so heißt ein Dichter, der sich oft verschreibt,
bei mir ein Choirilus; und wenn ers gleich
auch zwei- bis dreimal gut gemacht, bewundre
ich ihn mit Lachen: wie es mich verdrießt,
wenn auch Homer sogar zuweilen - nickt;
wiewohl man doch in einem großen Werke
vom Schlaf ja wohl einmal beschlichen werden kann!

Gedichte sind darin den Malereien gleich,
daß manche desto mehr die Augen fesseln,
je näher man hinzutritt; andre, wenn man weiter
zurücktritt, erst die rechte Wirkung tun.
Dies liebt ein schwaches, jenes, das sich nicht
vorm schärfsten Auge scheut, ein helles Licht,
und wenn das erste einmal uns gefällt,
wird dieses zehnmal wiederholt gefallen.

Du, ältester der edlen Jünglinge,
wiewohl die Vaterstimme, und dein eignes
Gefühl dich schon zum Wahren bilden, präge doch
was ich jetzt sage fest in deinen Sinn.

Es gibt der Dinge viel, worin
die Mittelmäßigkeit mit gutem Fug
gestattet wird. Ein Rechtsgelehrter oder
ein Redner vor Gericht kann minder wissen
als ein Aulus Cascellius, an Beredsamkeit
weit unter dem Messala stehen, und hat
doch seinen Wert: den mittelmäßigen Dichter
schützen weder Götter, Menschen, noch
Verleger vor dem Untergang! Warum? -
ist leicht zu sehn. So wie ein übelstimmendes
Konzert bei einer guten Tafel, oder
zu dickes Salböl, oder Mohn mit Sard'schem Honig
bloß darum uns beleid'gen, weil die Mahlzeit
auch ohne sie recht wohl bestehen konnte;
just so verhält es sich mit einem Dichterwerke.
Denn da es bloß der Seele gütlich
zu tun erfunden ist, so senkt es sich,
wie's nur ein wenig vom Vollkommnen abweicht,
zum Schlechtesten. Wer mit den Waffen, des
Marsfeldes, nicht umzugehn versteht,
der bleibt davon; wer mit dem Ball,
dem Diskus, oder Reif zu spielen nicht
gelernt hat, gibt sich auch damit nicht ab,
um nicht dem Volk, das zusieht, zum Gelächter
zu werden - Wie? und wer die Dichtkunst nie
gelernt hat, untersteht sich Verse
zu machen? - „Und warum denn nicht? Er ist
ja wohl von gutem Hause genug dazu!
Ein freigeborner, biedrer, unbescholtner Mann,
von rittermäßigen Renten! und er sollte
nicht, wenns ihn ankommt, Verse machen dürfen?“

Ich lasse mirs gefallen - Aber du,
mein Piso - dies verspricht uns dein Verstand
und guter Sinn - du wirst, in deinem Leben, mit
Minervens Widerwillen nichts beginnen.
Doch wenn du jemals etwas schreiben solltest,
laß Tarpas Ohr, und deines edeln Vaters
und meines Richter sein; verschließ es dann
in deinen Pult und halts ins neunte Jahr zurück,
so bleibst du Meister wieder auszulöschen
was nicht ediert ist. Ein entflognes Wort
ist nun aus unserm Recht, und kommt nicht wieder.

Indessen, daß du über deine Liebe
zur Muse mit der goldnen Leier nicht errötest,
so denke, was von ihrem Ursprung an
die Kunst der Dichter war. Ward nicht von Orpheus,
dem heiligen Seher, dem die Götter ihre
Mysterien offenbarten, weil er Thracens
halbtierische Bewohner aus dem Wust
der Wildheit zog und menschlich leben lernte,
gesagt, er habe Tiger zähmen, wütge Löwen
durch seiner Lieder Reiz besänftgen können?
Ward von Amphion, des Thebanschen Schlosses
Erbauer, nicht gesagt, er habe Felsen
und Wälder seiner Leier süßen Tönen,
wohin er wollte, folgsam nachgezogen?
Im Heldenalter wars der Weisen Amt,
ein rohes Waldgeschlecht aus ihren Grüften
zu ziehn, und an Geselligkeit, und Furcht
der Götter, Zucht und Ordnung, zu gewöhnen.
Sie stiftete der Ehe keuschen Bund,
sie legte Städte an und gab Gesetze:
und weil die Zauberkräfte des Gesangs
zu allem diesem ihr behilflich waren,
so stieg des Sängers Ansehn in den Augen
des Volkes, und ein Glaube, daß er näher
den Göttern wäre, goß was Göttliches
um seinen Mund, und seine Lieder wurden
Orakel des Vergangnen und der Zukunft.
Nun kam Homer, der über alle ragt,
und bald nach ihm Tyrtaius, dessen Lieder
den schönen Tod fürs väterliche Land
im Vorderreihn der Schlacht mit Eifersucht
zu suchen, Spartas Männerseelen spornte.
In Versen gab den Fragenden der Gott
zu Delphi Antwort; in der Musensprache
wies uns Pythagoras des Lebens Weg.
Zu ihren süßen Weisen neigte sich
das Ohr der Könige, und endlich schloß
des Jahres Arbeit sich mit ihren Spielen.
Den Göttern angenehm, den Menschen hold,
und mit des Krieges und des Friedens Künsten
gleich freundlich sich verschwisternd, ist fürwahr
die Kunst der Musen edler Schüler wert!

Man pflegt zu streiten, ob Naturkraft, oder
ob Kunst ein Dichterwerk vortrefflich mache?
Mir meines Orts scheint ohne reiche Ader
das strengste Studium, und ohne Kunst
das beste Naturell gleich unzulänglich:
Keins kann des andern mangeln: aber, freundlich
vereinigt, glänzen beide desto mehr.
Wer auf der Rennbahn siegen will, der muß
als Knabe schon viel tun und leiden, Frost
und Hitze dulden, und von Wein und Werken
der Venus sich enthalten. Lange hat zuvor
der Flötenspieler, der den Pythischen Preis
verdienen will, sich üben und die Strenge
des Meisters fürchten müssen. Nur mit unsern Dichtern
ists anders; zuversichtlich gibt sich jeder
wofür er will, schimpft tapfer auf die Pfuscher,
und will aufs mindeste nicht der Letzte sein;
als ob es Schande wäre einem andern
in dieser einzigen Kunst was einzuräumen,
und nicht zu können, was man nie gelernt.

Ein Dichter, der an Renten reicher als
an Witz ist, ruft die Schmeichler zum Gewinn
herbei: mir ists, ich höre einen Mäkler
zu einer Auktion die Leute rufen.
Und ist er gar der Mann, bei dem die Herren
auf eine gute Tafel rechnen können,
der willig ist, für einen armen Schelm
sich zu verbürgen, und Kredit hat, einem
aus einem schlimmen Handel auszuhelfen;
so wärs ein Wunder, wenn er von den vielen Freunden,
die ihm dies Alles macht, den Wahren aus den Falschen
zu kennen wüßte.

Du, mein Piso, wenn du einem was geschenkt hast,
oder schenken willst, nimm dich in acht,
ihm in der ersten Wallung der Freude deine Verse vorzulesen;
dann da versteht sichs, daß er alle Augenblicke
o! schön! vortrefflich! herrlich! rufen wird.
Bei jener Stelle wird er ordentlich erblassen,
ja wohl aus seinen treuergebnen Augen
dankbare Tränen tröpfeln: wird bei dieser
aufspringen und den Boden vor Entzücken stampfen.
So wie die Weiber, die bei einer Leiche
zum Weinen sich verdingen, ärger schrein
als jene denen es von Herzen geht:
so macht ein Schalk von Schmeichler allemal
mehr Lärmens, als wer aus Gefühl dich lobt.

Die Fürsten, sagt man, sollen große Becher
als eine Art von Folter brauchen, wenn sie jemand
probieren wollen, ob er ihrer Freundschaft wert sei:
Um einen Freund im Fuchsbalg auszufinden
mach einer Verse! - Wenn man Quintilius
etwas vorlas, so hieß er euch bald dies bald das
verbessern. Sagte man: es gehe nicht,
man hab es schon vergebens zwei- bis dreimal
versucht: so hieß er euch die ganze Stelle
durchstreichen, und die schlecht geprägten Verse
noch einmal auf den Amboß legen. Wenn
nun aber jemand seine Fehler lieber
behaupten als verbessern wollte, so
verlor er auch kein Wörtchen mehr, und konnt
es wohl geschehen lassen, daß der Mann
sich und sein Werkchen ohne Nebenbuhler liebte.

Ein Freund, ders redlich meint und richtig denkt,
wird keine Härte, wird nichts mattes dulden;
die üppigen Ranken schneidet er frisch hinweg,
dem was nicht klar genug ist zwingt er euch
mehr Licht zu geben, läßt nichts doppelsinnigs,
nichts schielends, oder was am rechten Ort nicht steht,
unangezeichnet, kurz, er wird ein Aristarch,
und denkt nicht: ei, was soll ich meinem Freunde
Verdruß mit solchen Kleinigkeiten machen?
O! solche Kleinigkeiten können für den Freund,
der gleich aufs erstemal sich lächerlich
gemacht und schlecht vom Publikum
empfangen wird, sehr große Folgen haben.
Denn kluge Leute gehen einem abgeschmackten
Poeten überall behutsam aus dem Wege,
und scheuen sich so sehr ihn anzurühren,
als einen den ein böser Aussatz oder
der Zorn Dianens plagt; nur Kinder, der Gefahr
unkundig, laufen schreiend hinter drein.
Wenn so ein Mensch in seinem Aberwitz,
unwissend wo, die Nase in der Luft,
durch alle Gassen läuft und Verse - rülpst
und drüber, wie ein Vogler, der aufs Amselfangen
zu sehr erpicht ist, plump! in eine Grube fällt:
so zieh ihn ja, wie laut er schreien mag,
kein Mensch heraus! Denn wenn du ihm
mit einem Seil zu Hülfe springen wolltest,
was weißt du, ob er nicht mit Vorsatz sich
hineingestürzt? wie einst Empedokles
die kühle Tat beging, und in den Feuerschlund
des Aetna sprang, damit die Leute dächten
er sei ein Gott geworden. Frei
und unbenommen seis den Verslern, nach Belieben
den Hals zu brechen! Jemand wider Willen
zum Leben zwingen, ist im Grunde nicht
viel besser als ihn morden. Laßt ihn springen
wohin er will; dadurch, daß man heraus
ihn ziehet, wirds nicht besser mit ihm werden.
Die Wut, mit einer Art die Aufsehns macht
zu sterben, wird darum ihn nicht verlassen.
Warum er Verse macht, ist ohnehin
nicht sehr begreiflich, wenns nicht Strafe ist,
weil er die Asche seines Vaters einst
besudelt, oder sonst an heiliger Stätte
was Greuliches begangen; immer ist gewiß,
er raset, und verjagt, sobald man ihn
mit seinem Heft in Händen kommen sieht,
Gelehrt' und Ungelehrte, wie ein Bär,
der durch die Latten seines Käfigs durchgebrochen.
Weh aber dem, den er ergriffen hat!
Er hält ihn fest, und - gleich dem Egel, der
nicht abläßt bis er voll ist - wird er ihn
mit Lesen quälen, bis der arme Patient
den Geist, vor Gähnen, aufgegeben hat.

Δ

Ars poetica  (Epistula ad Pisones)
    


humano capiti cervicem pictor equinam
iungere si velit et varias inducere plumas
undique collatis membris, ut turpiter atrum
desinat in piscem mulier formosa superne,
 

5

spectatum admissi risum teneatis, amici?

credite, Pisones, isti tabulae fore librum
persimilem, cuius, velut aegri somnia, vanae
fingentur species, ut nec pes nec caput uni
reddatur formae. «pictoribus atque poetis
 

10

quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.»
scimus, et hanc veniam petimusque damusque vicissim;
sed non ut placidis coeant immitia, non ut
serpentes avibus geminentur, tigribus agni.

inceptis gravibus plerumque et magna professis
 

15

purpureus, late qui splendeat, unus et alter
adsuitur pannus, cum lucus et ara Dianae
et properantis aquae per amoenos ambitus agros
aut flumen Rhenum aut pluvius describitur arcus;
sed nunc non erat his locus. et fortasse cupressum
 

20

scis simulare: quid hoc, si fractis enatat exspes
navibus, aere dato qui pingitur? amphora coepit
institui: currente rota cur urceus exit?
denique sit quodvis, simplex dumtaxat et unum.

maxima pars vatum, pater et iuvenes patre digni,
 

25

decipimur specie recti. brevis esse laboro,
obscurus fio; sectantem levia nervi
deficiunt animique; professus grandia turget;
serpit humi tutus nimium timidusque procellae:
qui variare cupit rem prodigialiter unam,
 

30

delphinum silvis adpingit, fluctibus aprum:
in vitium ducit culpae fuga, si caret arte.

Aemilium circa ludum faber imus et unguis
exprimet et mollis imitabitur aere capillos,
infelix operis summa, quia ponere totum
 

35

nesciet: hunc ego me, si quid componere curem,
non magis esse velim quam naso vivere pravo,
spectandum nigris oculis nigroque capillo.

sumite materiam vestris, qui scribitis, aequam
viribus et versate diu, quid ferre recusent,
 

40

quid valeant umeri. cui lecta potenter erit res,
nec facundia deseret hunc, nec lucidus ordo.
ordinis haec virtus erit et venus, aut ego fallor,
ut iam nunc dicat iam nunc debentia dici,
pleraque differat et praesens in tempus omittat.

 

46

in verbis etiam tenuis cautusque serendis
 

45

hoc amet, hoc spernat promissi carminis auctor.
 

47

dixeris egregie, notum si callida verbum
reddiderit iunctura novum. si forte necesse est
indiciis monstrare recentibus abdita rerum, et
 

50

fingere cinctutis non exaudita Cethegis
continget dabiturque licentia sumpta pudenter,
et nova fictaque nuper habebunt verba fidem, si
Graeco fonte cadent parce detorta. quid autem
Caecilio Plautoque dabit Romanus, ademptum
 

55

Vergilio Varioque? ego cur, adquirere pauca
si possum, invideor, cum lingua Catonis et Enni
sermonem patrium ditaverit et nova rerum
nomina protulerit? licuit semperque licebit
signatum praesente nota producere nomen.
 

60

ut silvae foliis pronos mutantur in annos,
prima cadunt: ita verborum vetus interit aetas,
et iuvenum ritu florent modo nata vigentque.
debemur morti nos nostraque: sive receptus
terra Neptunus classes Aquilonibus arcet,
 

65

regis opus, sterilisve diu palus aptaque remis
vicinas urbes alit et grave sentit aratrum,
seu cursum mutavit iniquum frugibus amnis,
doctus iter melius: mortalia facta peribunt,
nedum sermonum stet honos et gratia vivax.
 

70

multa renascentur quae iam cecidere cadentque
quae nunc sunt in honore vocabula, si volet usus,
quem penes arbitrium est et ius et norma loquendi.

res gestae regumque ducumque et tristia bella
quo scribi possent numero, monstravit Homerus.
 

75

versibus impariter iunctis querimonia primum,
post etiam inclusa est voti sententia compos;
quis tamen exiguos elegos emiserit auctor,
grammatici certant et adhuc sub iudice lis est.
Archilochum proprio rabies armavit iambo;
 

80

hunc socci cepere pedem grandesque coturni,
alternis aptum sermonibus et popularis
vincentem strepitus et natum rebus agendis.
Musa dedit fidibus divos puerosque deorum
et pugilem victorem et equum certamine primum
 

85

et iuvenum curas et libera vina referre.

descriptas servare vices operumque colores
cur ego, si nequeo ignoroque, poeta salutor?
cur nescire pudens prave quam discere malo?

versibus exponi tragicis res comica non volt;
 

90

indignatur item privatis ac prope socco
dignis carminibus narrari cena Thyestae:
singula quaeque locum teneant sortita decentem.
interdum tamen et vocem comoedia tollit,
iratusque Chremes tumido delitigat ore;
 

95

et tragicus plerumque dolet sermone pedestri
Telephus et Peleus cum pauper et exul uterque
proicit ampullas et sesquipedalia verba,
si curat cor spectantis tetigisse querella.

non satis est pulchra esse poemata: dulcia sunto
 

100

et quocumque volent animum auditoris agunto.
ut ridentibus adrident, ita flentibus adflent
humani voltus; si vis me flere, dolendum est
primum ipsi tibi: tum tua me infortunia laedent,
Telephe vel Peleu; male si mandata loqueris,
 

105

aut dormitabo aut ridebo. tristia maestum
voltum verba decent, iratum plena minarum,
ludentem lasciva, severum seria dictu.
format enim natura prius non intus ad omnem
fortunarum habitum: iuvat aut impellit ad iram,
 

110

aut ad humum maerore gravi deducit et angit:
post effert animi motus interprete lingua.
si dicentis erunt fortunis absona dicta,
Romani tollent equites peditesque cachinnum.

intererit multum, divosne loquatur an heros,
 

115

maturusne senex an adhuc florente iuventa
fervidus, et matrona potens an sedula nutrix,
mercatorne vagus cultorne virentis agelli,
Colchus an Assyrius, Thebis nutritus an Argis.

aut famam sequere aut sibi convenientia finge
 

120

scriptor. honoratum si forte reponis Achillem,
impiger, iracundus, inexorabilis, acer
iura neget sibi nata, nihil non arroget armis.
sit Medea ferox invictaque, flebilis Ino,
perfidus Ixion, Io vaga, tristis Orestes.

 

125

si quid inexpertum scaenae committis et audes
personam formare novam, servetur ad imum,
qualis ab incepto processerit et sibi constet.
difficile est proprie communia dicere, tuque
rectius Iliacum carmen deducis in actus
 

130

quam si proferres ignota indictaque primus.

publica materies privati iuris erit, si
non circa vilem patulumque moraberis orbem,
nec verbo verbum curabis reddere fidus
interpres nec desilies imitator in artum,
 

135

unde pedem proferre pudor vetet aut operis lex,
nec sic incipies, ut scriptor cyclicus olim:
«fortunam Priami cantabo et nobile bellum.»
quid dignum tanto feret hic promissor hiatu?
parturient montes, nascetur ridiculus mus.
 

140

quanto rectius hic, qui nil molitur inepte:
«dic mihi, Musa, virum, captae post tempora Troiae
qui mores hominum multorum vidit et urbes.»
non fumum ex fulgore, sed ex fumo dare lucem
cogitat, ut speciosa dehinc miracula promat,
 

145

Antiphaten Scyllamque et cum Cyclope Charybdim.
nec reditum Diomedis ab interitu Meleagri
nec gemino bellum Troianum orditur ab ovo:
semper ad eventum festinat et in medias res
non secus ac notas auditorem rapit, et quae
 

150

desperat tractata nitescere posse relinquit,
atque ita mentitur, sic veris falsa remiscet,
primo ne medium, medio ne discrepet imum.

tu, quid ego et populus mecum desideret audi,
si plausoris eges aulaea manentis et usque
 

155

sessuri, donec cantor. «vos plaudite» dicat.
aetatis cuiusque notandi sunt tibi mores,
mobilibusque decor naturis dandus et annis.
reddere qui voces iam scit puer et pede certo
signat humum, gestit paribus conludere et iram
 

160

colligit ac ponit temere et mutatur in horas.
inberbis iuvenis, tandem custode remoto,
gaudet equis canibusque et aprici gramine Campi,
cereus in vitium flecti, monitoribus asper,
utilium tardus provisor, prodigus aeris,
 

165

sublimis cupidusque et amata relinquere pernix.
conversis studiis aetas animusque virilis
quaerit opes et amicitias, inservit honori,
commisisse cavet quod mox mutare laboret.
multa senem circumveniunt incommoda, vel quod
 

170

quaerit et inventis miser abstinet ac timet uti,
vel quod res omnis timide gelideque ministrat,
dilator, spe longus, iners avidusque futuri,
difficilis, querulus, laudator temporis acti
se puero, castigator censorque minorum.
 

175

multa ferunt anni venientes commoda secum,
multa recedentes adimunt: ne forte seniles
mandentur iuveni partes pueroque viriles;
semper in adiunctis aevoque morabitur aptis.

aut agitur res in scaenis aut acta refertur.
 

180

segnius inritant animos demissa per aurem
quam quae sunt oculis subiecta fidelibus et quae
ipse sibi tradit spectator: non tamen intus
digna geri promes in scaenam multaque tolles
ex oculis, quae mox narret facundia praesens:
 

185

ne pueros coram populo Medea trucidet,
aut humana palam coquat exta nefarius Atreus,
aut in avem Procne vertatur, Cadmus in anguem.
quodcumque ostendis mihi sic, incredulus odi.

neve minor neu sit quinto productior actu
 

190

fabula, quae posci volt et spectanda reponi;
nec deus intersit, nisi dignus vindice nodus
inciderit; nec quarta loqui persona laboret.
actoris partis chorus officiumque virile
defendat, neu quid medios intercinat actus,
 

195

quod non proposito conducat et haereat apte.
ille bonis faveatque et consilietur amice
et regat iratos et amet pacare tumentis;
ille dapes laudet mensae brevis, ille salubrem
iustitiam legesque et apertis otia portis;
 

200

ille tegat commissa deosque precetur et oret,
ut redeat miseris, abeat Fortuna superbis.

tibia non, ut nunc, orichalco vincta tubaeque
aemula, sed tenuis simplexque foramine pauco
adspirare et adesse choris erat utilis atque
 

205

nondum spissa nimis complere sedilia flatu,
quo sane populus numerabilis, utpote parvus,
et frugi castusque verecundusque coibat.
postquam coepit agros extendere victor et urbis
latior amplecti murus vinoque diurno
 

210

placari Genius festis impune diebus,
accessit numerisque modisque licentia maior.
indoctus quid enim saperet liberque laborum
rusticus urbano confusus, turpis honesto?
sic priscae motumque et luxuriem addidit arti
 

215

tibicen traxitque vagus per pulpita vestem;
sic etiam fidibus voces crevere severis
et tulit eloquium insolitum facundia praeceps,
utiliumque sagax rerum et divina futuri
sortilegis non discrepuit sententia Delphis.

 

220

carmine qui tragico vilem certavit ob hircum,
mox etiam agrestis Satyros nudavit et asper
incolumi gravitate iocum temptavit eo quod
inlecebris erat et grata novitate morandus
spectator functusque sacris et potus et exlex.
 

225

verum ita risores, ita commendare dicacis
conveniet Satyros, ita vertere seria ludo,
ne quicumque deus, quicumque adhibebitur heros,
regali conspectus in auro nuper et ostro,
migret in obscuras humili sermone tabernas,
 

230

aut, dum vitat humum, nubes et inania captet.
effutire levis indigna tragoedia versus,
ut festis matrona moveri iussa diebus,
intererit Satyris paulum pudibunda protervis.
non ego inornata et dominantia nomina solum
 

235

verbaque, Pisones, Satyrorum scriptor amabo,
nec sic enitar tragico differre colori,
ut nihil intersit, Davusne loquatur et audax
Pythias, emuncto lucrata Simone talentum,
an custos famulusque dei Silenus alumni.
 

240

ex noto fictum carmen sequar, ut sibi quivis
speret idem, sudet multum frustraque laboret
ausus idem: tantum series iuncturaque pollet,
tantum de medio sumptis accedit honoris.
silvis deducti caveant me iudice Fauni
 

245

ne velut innati triviis ac paene forenses
aut nimium teneris iuvenentur versibus umquam
aut inmunda crepent ignominiosaque dicta;
offenduntur enim, quibus est equos et pater et res,
nec, si quid fricti ciceris probat et nucis emptor,
 

250

aeqvis accipiunt animis donantve corona.

syllaba longa brevi subiecta vocatur iambus,
pes citus: unde etiam trimetris adcrescere iussit
nomen iambeis, cum senos redderet ictus,
primus ad extremum similis sibi: non ita pridem,
 

255

tardior ut paulo graviorque veniret ad auris,
spondeos stabilis in iura paterna recepit
commodus et patiens, non ut de sede secunda
cederet aut quarta socialiter. hic et in Acci
nobilibus trimetris adparet rarus, et Enni
 

260

in scaenam missos cum magno pondere versus
aut operae celeris nimium curaque carentis
aut ignoratae premit artis crimine turpi.
non quivis videt inmodulata poemata iudex,
et data Romanis venia est indigna poetis.
 

265

idcircone vager scribamque licenter? an omnis
visuros peccata putem mea, tutus et intra
spem veniae cautus? vitavi denique culpam,
non laudem merui. vos exemplaria Graeca
nocturna versate manu, versate diurna.
 

270

at vestri proavi Plautinos et numeros et
laudavere sales, nimium patienter utrumque,
ne dicam stulte, mirati, si modo ego et vos
scimus inurbanum lepido seponere dicto
legitimumque sonum digitis callemus et aure.

 

275

ignotum tragicae genus invenisse Camenae
dicitur et plaustris vexisse poemata Thespis
quae canerent agerentque peruncti faecibus ora.
post hunc personae pallaeque repertor honestae
Aeschylus et modicis instravit pulpita tignis
 

280

et docuit magnumque loqui nitique cothurno.

successit vetus his comoedia, non sine multa
laude; sed in vitium libertas excidit et vim
dignam lege regi: lex est accepta chorusque
turpiter obticuit sublato iure nocendi.

 

285

nil intemptatum nostri liquere poetae,
nec minimum meruere decus vestigia Graeca
ausi deserere et celebrare domestica facta,
vel qui praetextas vel qui docuere togatas.
nec virtute foret clarisve potentius armis
 

290

quam lingua Latium, si non offenderet unum
quemque poetarum limae labor et mora. vos, o
Pompilius sanguis, carmen reprehendite, quod non
multa dies et multa litura coercuit atque
praesectum deciens non castigavit ad unguem.

 

295

ingenium misera quia fortunatius arte
credit et excludit sanos Helicone poetas
Democritus, bona pars non unguis ponere curat,
non barbam, secreta petit loca, balnea vitat;
nanciscetur enim pretium nomenque poetae,
 

300

si tribus Anticyris caput insanabile numquam
tonsori Licino commiserit. o ego laevus,
qui purgor bilem sub verni temporis horam.
non alius faceret meliora poemata; verum
nil tanti est. ergo fungar vice cotis, acutum
 

305

reddere quae ferrum valet exsors ipsa secandi;
munus et officium, nil scribens ipse, docebo,
unde parentur opes, quid alat formetque poetam,
quid deceat, quid non, quo virtus, quo ferat error.

scribendi recte sapere est et principium et fons.
 

310

rem tibi Socraticae poterunt ostendere chartae,
verbaque provisam rem non invita sequentur.
qui didicit, patriae quid debeat et quid amicis,
quo sit amore parens, quo frater amandus et hospes,
quod sit conscripti, quod iudicis officium, quae
 

315

partes in bellum missi ducis, ille profecto
reddere personae scit convenientia cuique.
respicere exemplar vitae morumque iubebo
doctum imitatorem et vivas hinc ducere voces.
interdum speciosa locis morataque recte
 

320

fabula nullius veneris, sine pondere et arte,
valdius oblectat populum meliusque moratur
quam versus inopes rerum nugaeque canorae.

Grais ingenium, Grais dedit ore rotundo
Musa loqui, praeter laudem nullius avaris;
 

325

Romani pueri longis rationibus assem
discunt in partis centum diducere. «dicat
filius Albini: si de quincunce remota est
uncia, quid superat? poteras dixisse.» «triens.» «eu,
rem poteris servare tuam. redit uncia, quid fit?»
 

330

«semis.» an, haec animos aerugo et cura peculi
cum semel imbuerit, speramus carmina fingi
posse linenda cedro et levi servanda cupresso?

aut prodesse volunt aut delectare poetae
aut simul et iucunda et idonea dicere vitae.
 

335

quidquid praecipies, esto brevis, ut cito dicta
percipiant animi dociles teneantque fideles:
omne supervacuum pleno de pectore manat.

ficta voluptatis causa sint proxima veris:
ne quodcumque volet poscat sibi fabula credi
 

340

neu pransae Lamiae vivum puerum extrahat alvo.

centuriae seniorum agitant expertia frugis,
celsi praetereunt austera poemata Ramnes:
omne tulit punctum, qui miscuit utile dulci
lectorem delectando pariterque monendo;
 

345

hic meret aera liber Sosiis, hic et mare transit
et longum noto scriptori prorogat aevum.

sunt delicta tamen, quibus ignovisse velimus:
nam neque chorda sonum reddit quem volt manus et mens,
poscentique gravem persaepe remittit acutum,
 

350

nec semper feriet quodcumque minabitur arcus.
verum ubi plura nitent in carmine, non ego paucis
offendar maculis, quas aut incuria fudit,
aut humana parum cavit natura. quid ergo est?
ut scriptor si peccat idem librarius usque,
 

355

quamvis est monitus, venia caret, et citharoedus
ridetur, chorda qui semper oberrat eadem,
sic mihi, qui multum cessat, fit Choerilus ille,
quem bis terve bonum cum risu miror; et idem
indignor quandoque bonus dormitat Homerus;
 

360

verum operi longo fas est obrepere somnum.

ut pictura poesis: erit quae, si propius stes,
te capiat magis, et quaedam, si longius abstes;
haec amat obscurum, volet haec sub luce videri,
iudicis argutum quae non formidat acumen;
 

365

haec placuit semel, haec deciens repetita placebit.

o maior iuvenum, quamvis et voce paterna
fingeris ad rectum et per te sapis, hoc tibi dictum
tolle memor, certis medium et tolerabile rebus
recte concedi: consultus iuris et actor
 

370

causarum mediocris abest virtute diserti
Messallae nec scit quantum Cascellius Aulus,
sed tamen in pretio est: mediocribus esse poetis
non homines, non di, non concessere columnae.
ut gratas inter mensas symphonia discors
 

375

et crassum unguentum et Sardo cum melle papaver
offendunt, poterat duci quia cena sine istis,
sic animis natum inventumque poema iuvandis,
si paulum summo decessit, vergit ad imum.
ludere qui nescit, campestribus abstinet armis
 

380

indoctusque pilae discive trochive quiescit,
ne spissae risum tollant impune coronae:
qui nescit versus, tamen audet fingere. quidni?
liber et ingenuus, praesertim census equestrem
summam nummorum vitioque remotus ab omni.

 

385

tu nihil invita dices faciesve Minerva:
id tibi iudicium est, ea mens. si quid tamen olim
scripseris, in Maeci descendat iudicis auris
et patris et nostras, nonumque prematur in annum
membranis intus positis: delere licebit,
 

390

quod non edideris; nescit vox missa reverti.

silvestris homines sacer interpresque deorum
caedibus et victu foedo deterruit Orpheus,
dictus ob hoc lenire tigres rabidosque leones;
dictus et Amphion, Thebanae conditor urbis,
 

395

saxa movere sono testudinis et prece blanda
ducere quo vellet. fuit haec sapientia quondam,
publica privatis secernere, sacra profanis,
concubitu prohibere vago, dare iura maritis,
oppida moliri, leges incidere ligno.
 

400

sic honor et nomen divinis vatibus atque
carminibus venit. post hos insignis Homerus
Tyrtaeusque mares animos in Martia bella
versibus exacuit, dictae per carmina sortes,
et vitae monstrata via est et gratia regum
 

405

Pieriis temptata modis ludusque repertus
et longorum operum finis: ne forte pudori
sit tibi Musa lyrae sollers et cantor Apollo.

natura fieret laudabile carmen an arte,
quaesitum est: ego nec studium sine divite vena
 

410

nec rude quid prosit video ingenium: alterius sic
altera poscit opem res et coniurat amice.
qui studet optatam cursu contingere metam,
multa tulit fecitque puer, sudavit et alsit,

abstinuit venere et vino; qui Pythia cantat
 

415

tibicen, didicit prius extimuitque magistrum.
nunc satis est dixisse: «ego mira poemata pango;
occupet extremum scabies; mihi turpe relinqui est
et, quod non didici, sane nescire fateri.»

ut praeco, ad merces turbam qui cogit emendas,
 

420

adsentatores iubet ad lucrum ire poeta
dives agris, dives positis in fenore nummis.
si vero est, unctum qui recte ponere possit
et spondere levi pro paupere et eripere artis
litibus implicitum, mirabor, si sciet inter-
 

425

noscere mendacem verumque beatus amicum.
tu seu donaris seu quid donare voles cui,
nolito ad versus tibi factos ducere plenum
laetitiae; clamabit enim: «pulchre, bene, recte»,
pallescet, super his etiam stillabit amicis
 

430

ex oculis rorem, saliet, tundet pede terram.
ut, qui conducti plorant in funere, dicunt
et faciunt prope plura dolentibus ex animo, sic
derisor vero plus laudatore movetur.
reges dicuntur multis urgere culillis
 

435

et torquere mero, quem perspexisse laborent
an sit amicitia dignus; si carmina condes,
numquam te fallent animi sub volpe latentes.
Quintilio siquid recitares: «corrige, sodes,
hoc» aiebat «et hoc»; melius te posse negares,
 

440

bis terque expertum frustra: delere iubebat
et male tornatos incudi reddere versus.
si defendere delictum quam vertere malles,
nullum ultra verbum aut operam insumebat inanem,
quin sine rivali teque et tua solus amares.
 

445

vir bonus et prudens versus reprehendet inertis,
culpabit duros, incomptis adlinet atrum
transverso calamo signum, ambitiosa recidet
ornamenta, parum claris lucem dare coget,
arguet ambigue dictum, mutanda notabit,
 

450

fiet Aristarchus, nec dicet: «cur ego amicum
offendam in nugis?» hae nugae seria ducent
in mala derisum semel exceptumque sinistre.

ut mala quem scabies aut morbus regius urget
aut fanaticus error et iracunda Diana,
 

455

vesanum tetigisse timent fugiuntque poetam,
qui sapiunt, agitant pueri incautique sequuntur.
hic, dum sublimis versus ructatur et errat,
si veluti merulis intentus decidit auceps
in puteum foveamve, licet «succurrite» longum
 

460

clamet «io cives», non sit qui tollere curet.
si curet quis opem ferre et demittere funem,
«qui scis, an prudens huc se deiecerit atque
servari nolit?» dicam Siculique poetae
narrabo interitum. «deus immortalis haberi
 

465

dum cupit Empedocles, ardentem frigidus Aetnam
insiluit. sit ius liceatque perire poetis:
invitum qui servat, idem facit occidenti.
nec semel hoc fecit nec, si retractus erit, iam
fiet homo et ponet famosae mortis amorem.
 

470

nec satis apparet, cur versus factitet, utrum
minxerit in patrios cineres, an triste bidental
moverit incestus: certe furit, ac velut ursus,
obiectos caveae valuit si frangere clatros,
indoctum doctumque fugat recitator acerbus;
 

475

quem vero arripuit, tenet occiditque legendo,
non missura cutem nisi plena cruoris hirudo.»


Δ

Altera iam teritur bellis civilibus aetas,

     suis et ipsa Roma viribus ruit.

quam neque finitimi valuerunt perdere Marsi

     minacis aut Etrusca Porsenae manus,

aemula nec virtus Capuae nec Spartacus acer

     novisque rebus infidelis Allobrox

nec fera caerulea domuit Germania pube

     parentibusque abominatus Hannibal:

inpia perdemus devoti sanguinis aetas

     ferisque rursus occupabitur solum:

barbarus heu cineres insistet victor et Vrbem

     eques sonante verberabit ungula,

quaeque carent ventis et solibus ossa Quirini,

     (nefas videre) dissipabit insolens.

forte quid expediat communiter aut melior pars,

     malis carere quaeritis laboribus;

nulla sit hac potior sententia: Phocaeorum

     velut profugit exsecrata civitas

agros atque lares patrios habitandaque fana

     apris reliquit et rapacibus lupis,

ire, pedes quocumque ferent, quocumque per undas

     Notus vocabit aut protervos Africus.

sic placet? an melius quis habet suadere? Secunda

     ratem occupare quid moramur alite?

sed iuremus in haec: 'simul imis saxa renarint

     vadis levata, ne redire sit nefas;

neu conversa domum pigeat dare lintea, quando

     Padus Matina laverit cacumina,

in mare seu celsus procurrerit Appenninus

     novaque monstra iunxerit libidine

mirus amor, iuvet ut tigris subsidere cervis,

     adulteretur et columba miluo,

credula nec ravos timeant armenta leones

     ametque salsa levis hircus aequora.'

haec et quae poterunt reditus abscindere dulcis

     eamus omnis exsecrata civitas

aut pars indocili melior grege; mollis et exspes

     inominata perpremat cubilia.

vos, quibus est virtus, muliebrem tollite luctum,

     Etrusca praeter et volate litora.

nos manet Oceanus circum vagus: arva beata

     petamus, arva divites et insulas,

reddit ubi cererem tellus inarata quotannis

     et inputata floret usque vinea,

germinat et numquam fallentis termes olivae

     suamque pulla ficus ornat arborem,

mella cava manant ex ilice, montibus altis

     levis crepante lympha desilit pede.

illic iniussae veniunt ad mulctra capellae

     refertque tenta grex amicus ubera

nec vespertinus circumgemit ursus ovile

     nec intumescit alta viperis humus;

pluraque felices mirabimur, ut neque largis

     aquosus Eurus arva radat imbribus,

pinguia nec siccis urantur semina glaebis,

     utrumque rege temperante caelitum.

non huc Argoo contendit remige pinus

     neque inpudica Colchis intulit pedem,

non huc Sidonii torserunt cornua nautae,

     laboriosa nec cohors Vlixei.

nulla nocent pecori contagia, nullius astri

     gregem aestuosa torret impotentia.

Iuppiter illa piae secrevit litora genti,

     ut inquinavit aere tempus aureum,

aere, dehinc ferro duravit saecula, quorum

     piis secunda vate me datur fuga.

Δ   

Ya edad de hombres segunda se gasta en guerras civiles,

y por sus fuerzas mismas Roma a ruina va:

la que a hundir no pudieron bastar ni Marsos linderos

ni tropa etrusca de Porsena amenazador

ni el valor de Cápua rival ni Espártaco bravo

y el Alóbroge entre las revueltas desleal

ni la domó con su hueste ojizarca el fiero Germano

ni Aníbal mismo, de los abuelos maldición,

ya, desalmada edad de enconada sangre, la hundimos,

y poblarán el suelo fieras otra vez;

bárbaro, ay, vencedor hollará la ceniza, y la Urbe

de hiriente casco hará a caballo resonar,

y hoy abrigados los huesos de viento y sol de Quirino

-cegar al verlo- altivo desparramará.

Puede (¿qué medios habrá?) que en común o vuestros mejores

libraros de estas penas procurando estéis:

no otra sino esta propuesta votad: como los foceos

antaño huyeron, pueblo a sus conjuros fiel,

de su terruño y santos del lar, y dejaron los templos

guarida a los rapaces lobo y jabalí,

ir y marchar donde lleven los pies, doquier por las olas

llame el Solano o bien el Ábrego traidor.

¿Place? O ¿quién tiene consejo mejor? Con buenos agüeros,

¿a qué la nave ya tardamos en llenar?

Pero juremos así: «Cuando torne a flote sin peso

del hondo este peñasco, sea ley volver,

ni haya pecado en torcer hacia casa velas el día

que crestas del Vesubio bañe el río Po

o el altivo Apenino a la mar descienda corriendo

y ayunte monstruos en insólita pasión

nuevo amor, como agrade a la tigre al ciervo agacharse

y la tórtola adultere con el gavilán

ni la vacada, fiada, les tema a los pardos leones

y, liso, guste el chivo del salado mar».

A éste y cualquiera que pueda cortar los dulces retornos,

marchemos todos, pueblo a sus conjuros fiel.

O si no, parte, mejor que la turba bruta: que el blando

y sin esperanza estruje el tétrico cubil:

los que tenéis corazón, dejad mujeriles lamentos,

y costa etrusca arriba y más allá volad:

nos aguarda el Océano en torno al mundo: los Campos

Felices, ricas islas, vamos a buscar;

donde la tierra da sin arar cosecha cada año

y viñas sin podar florecen por doquier

y echa sus yemas de ramo que nunca engaña el olivo

y a su árbol propio gala el cárdeno higo da,

mieles de hueca encina remanan, de alto de montes

delgada ondina brinca en murmullante pie,

vienen allí, sin que nadie las llame, a ordeño las cabras

y el hato amigo lleva henchida la ubre aún,

ni atardecido lo ronda el redil el oso gañendo

ni hinchando el hondo prado víboras se ven;

y aún habrá más que, felices, nos pasme: que ni Levante

aguanoso barra el campo de chubascos mil

ni en terrones resecos se abrase gruesa simiente,

templando lo uno y lo otro el gran rey celestial.

No puso proa allí la nao de argivos remeros

ni ardiente maga colca trajo allí su pie,

no torcieron entena hacia allí marinos sidonios

ni Ulises con su ajetreado tripulación.

Peste ninguna azota al ganado; estrella ninguna

sofoca allí al rebaño en estival furor.

Júpiter esa orilla apartó para pueblo de justos,

cuando la edad de oro en bronce amancilló,

luego del bronce en hierro los siglos forjó; de los cuales

se abre a los buenos llana huida por mi voz.

 

[Traducció d'Agustín García Calvo]

 

Δ

 

                III


Iustum et tenacem propositi uirum
non ciuium ardor praua iubentium,
            non uoltus instantis tyranni
    mente quatit salida neque Auster,

dux inquieti turbidus Hadriae,
nec fulminantis magna manus Iouis:
           si fractus inlabatur orbis,
      inpauidum ferient ruinae.

hac arte Pollux et uagus Hercules
enisus arces attigit igneas,
           quos inter Augustus recumbens
      purpureo bibet ore nectar;

hac te merentem, Bacche pater, tuae
uexere tigres indocili iugum
          collo trahentes; hac Quirinus
       Martis equis Acheronta fugit,

gratum elocuta consiliantibus
Iunone diuis: 'Ilion, Ilion
           fatalis incestusque iudex
      et mulier peregrina uertit

in puluerem, ex qua destituir deos
mercede pacta Laomedon, mihi
           castaeque damnatum Mineruae
        cum populo et duce fraudulento.

iam nec Lacaenae splendet adulterae
famosus hospes nec Priami domus
            periura pugnaces Achiuos
          Hectoreis opibus refringit

nostrisque ductum seditionibus
bellum resedit. protinus et grauis
          iras et inuisum nepotem,
      Troica que m peperit sacerdos,

Marti redonabo; illum ego lucidas
inire sedes, discere nectaris
               sucos et adscribi quietis
           ordinibus patiar deoruni.

dum longus inter saeuiat Ilion
Romamque pontus, qualibet exules
            in parte regnanto beati;
         dum Priami Paridisque busto

insultet armentum et catulos ferae
celent inultae, stet Capitolium
           fulgens triumphatisque possit
        Roma ferox dare iura Medis.

horrenda late nomen in ultimas
extendat oras, qua medius liquor
             secernit Europen ab Afro,
       qua tumidus rigat arua Nilus.

Δ

   La fermesa de l'home just i tenaç en el seu propòsit no trontolla ni per l'abrivament dels ciutadans que pretenen coses iniqües ni per la faç d'un tirà amenaçador ni tampoc pel migjorn,
   capitost turbulent dels temporal s de l'Adriàtic, ni per la. poderosa de Júpiter, llançador del llamp; si el cel, esberlat, s'esfondra, el colpiran impavid els enderrocs.
   Així és com Pòl·lux i Hèrcules, l'errabund, van atènyer la ciutadella rutilant i amb ells s'entaularà August i beurà el nèctar amb els seus llavis rosats.
   Així és com tu, pare Bacus, vas merèixer d'ésser-hi dut pels teus tigres, que portaven el jou amb bescoll rebel; així és com Quirí amb els cavalls de Mart va esquivar l' Aqueront,
   després que Juno, en el consell dels déus i ben a grat d'ells, hagué parlat així: «Ílion, Ílion! Un jutge funest i corromput i una dona estrangera l'han convertida
   en cendra; d'ençà que Laomedont va defraudar uns déus de la paga pactada; la ciutat era una víctima oferta a mi i a la casta Minerva amb tot el seu poble i el seu rei deslleial.
  
Ja no resplendeix als ulls de l'adúltera espartana el seu hoste infame, ni la casa perjura de Príam, mancada del braó d'Hèctor, no romp les envestides dels aqueus,
   i la guerra, allargada per les nostres dissensions, ja ha cessat. Des d'ara, els meus feixucs rancors i l'odi al meu nét, fill d'una sacerdotessa troiana,
   els condonaré a Mart. Per mi ja pot entrar dins les estances lluminoses, pot començar a assaborir el suc del nèctar i  ésser admès als apaivagats rengles dels déus.
   Mentre hi hagi un llarg espai de mar enfurida entre Ílion i Roma, regnin feliços aquests exiliats en qualsevol lloc del  món; mentre les tombes de Príam i de Paris
   siguin follades pels ramats i les salvatgines hi encauin impunement llurs cries, dreci's refulgent el Capitoli i l'altiva Roma pugui triomfar dels medes i dictar-los lleis.
   Temible arreu del món, estengui el seu nom fins a les terres més llunyanes, fins allí on un freu separa Europa d' Àfrica, fins allí on el Nil amb les seves revingudes rega els sembrats.

[Odes i epodes Vol. VII Fundació Bernat Metge, Barcelona 1981, traducció de Josep Vergés]

Δ

 

The man of firm and righteous will,
No rabble, clamorous for the wrong,
No tyrant's brow, whose frown may kill,
Can shake the strength that makes him strong:
Not winds, that chafe the sea they sway,
Nor Jove's right hand, with lightning red:
Should Nature's pillar'd frame give way,
That wreck would strike one fearless head.
Pollux and roving Hercules
Thus won their way to Heaven's proud steep,
'Mid whom Augustus, couch'd at ease,
Dyes his red lips with nectar deep.
For this, great Bacchus, tigers drew
Thy glorious car, untaught to slave
In harness: thus Quirinus flew
On Mars' wing'd steeds from Acheron's wave,
When Juno spoke with Heaven's assent:
"O Ilium, Ilium, wretched town!
The judge accurst, incontinent,
And stranger dame have dragg'd thee down.
Pallas and I, since Priam's sire
Denied the gods his pledged reward,
Had doom'd them all to sword and fire,
The people and their perjured lord.
No more the adulterous guest can charm
The Spartan queen: the house forsworn
No more repels by Hector's arm
My warriors, baffled and outworn:
Hush'd is the war our strife made long:
I welcome now, my hatred o'er,
A grandson in the child of wrong,
Him whom the Trojan priestess bore.
Receive him, Mars! the gates of flame
May open: let him taste forgiven
The nectar, and enrol his name
Among the peaceful ranks of Heaven.
Let the wide waters sever still
Ilium and Rome, the exiled race
May reign and prosper where they will:
So but in Paris' burial-place
The cattle sport, the wild beasts hide
Their cubs, the Capitol may stand
All bright, and Rome in warlike pride
O'er Media stretch a conqueror's hand.
Aye, let her scatter far and wide
Her terror, where the land-lock'd waves
Europe from Afric's shore divide,
Where swelling Nile the corn-field laves--
Of strength more potent to disdain
Hid gold, best buried in the mine,
Than gather it with hand profane,
That for man's greed would rob a shrine.
Whate'er the bound to earth ordain'd,
There let her reach the arm of power,
Travelling, where raves the fire unrein'd,
And where the storm-cloud and the shower.
Yet, warlike Roman, know thy doom,
Nor, drunken with a conqueror's joy,
Or blind with duteous zeal, presume
To build again ancestral Troy.
Should Troy revive to hateful life,
Her star again should set in gore,
While I, Jove's sister and his wife,
To victory led my host once more.
Though Phoebus thrice in brazen mail
Should case her towers, they thrice should fall,
Storm'd by my Greeks: thrice wives should wail
Husband and son, themselves in thrall."
--Such thunders from the lyre of love!
Back, wayward Muse! refrain, refrain
To tell the talk of gods above,
And dwarf high themes in puny strain.

[Traducció de John Conington, M.A Corpus Professor of Latin in the University of Oxford]

 

 

Vitas hinnuleo me similis, Chloe,

quaerenti pavidam montibus aviis

matrem non sine vano

aurarum et siluae metu.

 

nam seu mobilibus veris inhorruit

adventus foliis seu virides rubum

dimovere lacertae,

et corde et genibus tremit.

 

atqui non ego te tigris ut aspera

Gaetulusve leo frangere persequor:

tandem desine matrem

tempestiva sequi viro.

 

Fuges de mi, Cloe, semblant al cervatell que cerca la seva mare temorosa per les muntanyes sense camins, vanament esporuguit per l’oreig i el bosc.

 

Car sigui que l’arribada de la primavera ha tremit en el fullam movedís, sigui que uns vers llangardaixos han bellugat un esbarzer, el cor i els genolls li tremolen.

 

I tanmateix, el que és jo, no et persegueixo pas com un tigre hirsut o com un lleó de Getúlia per especejar-te: deixa ja de córrer darrere de la teva mare, que ja tens edat per a un marit.

 

[Odes i epodes. Traducció de Josep Vergés.Edicions 62-Editorial Alpha, Barcelona, 2011]

 

Δ

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